Sunday 10 July 2011

Untersatz


Ausrüstung ist großes Thema für Reisende. Fahrrad, Zelt, Matte, Schlafsack, Kleidung, Kocher, Geschirr, Kamera...die Liste der Einzelteile beläuft sich auf über 100.

Ich fahre ein Reiserad mit 26-Zoll-Rädern, das einem Mountainbike ähnelt (das T-400 der Fahrradmanufaktur). Der solide Stahlrahmen ist an den wichtigen Stellen verstärkt und ermöglicht das Anschrauben aller wichtigen Teile (3 Flaschenhalter, Spritzschutz, Gepräckträger vorn und hinten, stabiler Ständer etc.). Die Reifen sind mitteldick und haben leichtes Profil (für Mountainbiking über Geröllpisten sind sie nicht geeignet). Viele fahren auf den größeren 28 oder 29-Zoll-Rädern mit schlanken, schwach oder gar nicht profilierten Reifen.

Die Scottisch Flyboys zum Beispiel rollten auf Rennrädern. Die sind zwar schneller, aber auf den kaum vermeidbaren Schotter- und Feldwegen unmöglich. Manchmal gilt es auch, steile, steinige Pfade von Brücken abzufahren oder auf der Suche nach Lagerplätzen Waldwege zu benutzen. Da sind die kleinen, dicken Reifen von Vorteil. Selbst wenn zur Minimierung des Rollwiderstandes mit 5 Bar aufgepumpt, tragen sie Stöße mit stoischer Gleichgültigkeit. Die relativ größere Langsamkeit ist nur marginal. Ich fahre einfach nicht gern auf rohen Eiern.

Vorne Taschen zu haben ist gut. Nicht nur wegen des großen Stauraumes, sondern aufgrund der Fahreigenschaften des Rades. Es liegt wesentlich ruhiger und stabiler auf der Straße. Donnert man im höchsten Gang eine Anhöhe hinunter, sind auch 60 Stundenkilometer kein Grund zur Nervösität: Das Rad saust fest und stabil.

Jeden Tag auf dem Sattel zu sitzen, tut irgendwann zwangsläufig weh. Meine Hosen waren von Aldi (7,99€) - die kann ich nicht empfehlen. Allerdings muss es mir noch recht gut gegangen sein. Ich fragte die Scottisch Flyboys nach dem Befinden ihrer Hinterteile (sie waren teils bis zu 150 Kilometer pro Tag gefahren und seit über 4 Wochen unterwegs). Liams Antwort war knapp und ausdrucksstark: "Fuckin' agony, man!"

Sollte ich den Kocher mitnehmen? In Frankreich kann man auch Baguette, Käse und rohes Gemüse essen, ohne das Gefühl haben zu müssen, man sei schlecht ernährt. Allerdings liebe ich meinen Morgenkaffee. Und Haferbrei ist in Hinblick auf Gewicht, Nährwert und Geschmack einfach unschlagbar. Also packte ich den Kocher ein und bereute es nicht. Wenn man abends allein vor seinem Zelt sitzt, freut man sich über die Beschäftigung des Kochens.

Es sind oft Kleinigkeiten, die sich als unerlässlich erweisen. Ich hatte ein altes T-Shirt in Lappen geschnitten. Einer wurde Kettenputzer, ein weiterer Taschentuch zum Rausblasen des Straßenstaubs. Einer war Lappen für alles. Spülmittel und Schwamm sind Quatsch. Früher benutzte ich einen halben Küchenschwamm, aber das Stück Stoff funktionierte genauso gut. Unterwegs kann man ihn mit einem Schluss Wasser nass manchen und sich die von der Sonnenmilch klebrigen Hände sowie das Gesicht wischen. Und als ich meine Radlerhandschuhe verloren hatte, wickelte ich zwei Lappem um die Lenkerhörner, um sie weicher zu machen.

Für die ganz heißen Tage war ein Halstuch die Lösung: Ich trug es wie ein Pirat auf den Kopf gebunden. Nass gemacht wirkt es wie eine Klimaanlage und verhindert den Sonnenstich. Denn im Rhone-Tal waren es an manchen Tagen 35° im Schatten. Man will gar nicht wissen, wie hoch die Temperatur in der Mittagszeit über dem heißen Asphalt gewesen sein muss...

Da ich leicht bin, bringt es die Ausrüstung zusammen mit dem Fahrrad auf mein halbes Körpergewicht. Rechnet man das Wasser dazu, wird es mehr. Man sollte einen Tag oder eine Nacht bei Null Grad überstehen können. Dazu reicht es aber, wenn man alles anzieht, was man hat. Ein Französich-Lehrbuch mitzunehmen war nicht die beste Idee. Bei Toilettenartikeln kann man immer sparen. Rasierer? Fehlanzeige!

Ein nasses T-Shirt auf der Tasche mit den Vorräten funktioniert dank der Verdunstungskälte als Kühlung. Zum Waschen der Kleidung nimmt man sie notfalls einfach mit in die Dusche, stampft ein bißchen darauf herum und fertig. Im Süden sind die Sachen schneller trocken als man gucken kann.

Mein Zelt provozierte oft Kommentare. Ich wurde gefragt, ob ich darin Klaustrophobie kriegen würde. Ein McKinely-Einwandzelt, dass nur ein Kilo wiegt. Man kann nicht aufrecht sitzen. Für Menschen über 1,80 Meter ist es nicht zu empfehlen. Der Aufbau dauert 3 Minuten und weil besonders am Anfang jedes Gramm zählt, ist geringes Gewicht ein starkes Argument. Auch beim Wildcampen ist es von Vorteil: Es liegt so tief, dass es kaum auffällt. Allerdings finden mit mir alle Taschen darin kaum Platz. Ich habe die zwei größeren während der ganzen Reise nachts draußen stehen lassen und fand das nicht problematisch. Campingplätze sind in vielerlei Hinsicht sehr sichere Orte.

Die Ausrüstungsproblematik zeigt, was man alles nicht braucht. Viele Dinge lassen sich durch andere, einfachere ersetzen. Man findet sehr viele Dinge einfach auf der Straße.

An dieser Stelle gilt ein besonderer Dank Felix Keuck, der mir seine großen Ortlieb-Taschen mitgegeben hat. Die Dinger sind unverwüstlich!

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